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Historische Betrachtungen zur einstigen DDR-Fluggesellschaft INTERFLUG

last updated:
09-Mär-2017


Revision 3.0
IL-62

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Die DDR-SEC vor der NPA (Neue Passagier-Abfertigung) in Berlin-Schönefeld SXF.

Die Iljuschin Il-62 (russisch Ильюшин Ил-62) war das erste mit Strahltriebwerken ausgestattete Langstrecken-Verkehrsflugzeug der Sowjetunion. Es ist der Nachfolger der Tupolew Tu-114. Erstflug der Il-62 war im Januar 1963, am 10. März 1967 nahm die erste Maschine ihren Betrieb bei der sowjetischen Fluglinie Aeroflot auf. 1971 kam die Version Il-62M heraus, die unter anderem stärkere und sparsamere Triebwerke aufwies. Die Produktion bei der Kazan Aircraft Production Association (KAPO Aviakompania) endete erst 1999. Insgesamt wurden 292 Maschinen gebaut, von denen mit Stand Mai 2013 noch 20 im Einsatz sind.

Konstruktion

Die IL-62 ist ein als Tiefdecker ausgelegtes Ganzmetallflugzeug. Der Rumpf weist einen ovalen Querschnitt auf und verfügt über eine Druckkabine. In der Rumpfspitze befinden sich die Arbeitsplätze der fünfköpfigen Besatzung. Der Bordingenieur hat seinen Platz nach hinten versetzt zwischen den beiden Piloten. Navigator und Bordfunker sitzen dahinter quer zur Flugrichtung. Unmittelbar an das Cockpit schließen sich Räume für die elektronische Ausrüstung an. Die Wetterradarantenne ist in der Rumpfspitze untergebracht. Die Passagierkabine mit jeweils drei Sitzen zu beiden Seiten des Mittelgangs ist in zwei Sektionen geteilt; zwischen ihnen befindet sich auf Höhe der Tragflächen die Bordküche. Auf jeder Seite sind jeweils zwei Passagiertüren im Bereich des Vorderrumpfes und je zwei Notausstiegstüren über den Tragflächen angeordnet. Im Heck sind Toiletten, Gepäckräume und Teile der Flugzeugausrüstung (Funkausrüstung, Hydraulik) untergebracht.


Arbeitsplatz Piloten

Oberes Instrumentenpanel

Arbeitsplatz Bordingenieur

Arbeitsplatz Navigator
Die Tragflächen sind für einen Flug im hohen Unterschallbereich um 35° an der 1/4-Linie stark gepfeilt und weisen einen Sägezahn auf. Die Tragflächen haben an den Enden dreiteilige Querruder als Wölbklappen, wobei das mittlere und das äußere Ruder federbelastete Servoklappen sind. Die geteilten Landeklappen sind als Fowlerklappen ausgeführt und elektrisch angetrieben. Auf der Oberseite der Tragflächen sind die hydraulisch betätigten Spoiler angebracht. Die Tragflächen sind nicht mit sogenannten Slats (Vorflügeln) ausgerüstet. Die Tragflächen sind am zentralen Haupttorsionskasten mit je zwei Holmen über die gesamte Tragfläche und je zwei Holmen bis zu den Querrudern ausgestattet. Der Haupttorsionskasten ist als Integraltank ausgeführt. Zusammen mit den beiden Flächentanks hat die Il-62 eine Treibstoffkapazität von 100.000 Liter.

Das Flugzeug verfügt über vier am Heck angebrachte Strahltriebwerke vom Typ NK-8-4 (der Prototyp war noch mit Ljulka AL-7-Triebwerken mit nur 75 kN ausgerüstet) mit anfangs 99 kN und später mit 103 kN Startschub. Als Vorteil der Triebwerksanordnung wurden eine aerodynamisch saubere Tragfläche, eine einfachere Konstruktion durch die unkomplizierte Krafteinleitung, die Verringerung von Vibrationen, die leichtere Beherrschbarkeit des Flugzeuges bei Ausfall eines Triebwerkes und die geringere Gefährdung bei Notlandungen angesehen. Durch die Position der Triebwerke verlagert sich jedoch der Schwerpunkt sehr weit nach hinten. Dies machte die Installation eines Ballasttanks notwendig. Die beiden äußeren Triebwerke verfügen über eine Schubumkehr. Dabei wird der größte Teil des Abgasstrahls durch verstellbare Klappen und Gitter auf der Ober- und Unterseite nach vorn umgeleitet.

Die Anordnung der Triebwerke ließ eine Leitwerkskonstruktion in Normalbauweise nicht zu. Stattdessen ist das Leitwerk in T-Form ausgeführt. Die Höhenflosse wird zur Trimmung elektrisch über eine Spindel verstellt. Zusätzlich hat das manuell angesteuerte Höhenruder noch auf jeder Seite je eine automatische und eine manuell betätigte Trimmklappe. Das Seitenruder wird manuell angesteuert und hat außer Gierdämpfern noch ein Flettner-Ruder und eine Trimmklappe.


Tragflächen und Landeklappen

Sägezahn an den Tragflächen

Das Hauptfahrwerk besteht aus jeweils vier an einem Schlitten befestigten Rädern und wird nach innen in Rumpf und Tragflächen eingefahren. Das doppelt bereifte Bugrad fährt nach hinten in den Rumpf ein. Das Flugzeug besitzt ein nur am Boden auszufahrendes Stützrad unter dem Heck, um bei ungünstiger Schwerpunktlage ein Kippen des Flugzeuges zu vermeiden.

Die Il-62 war mit einer umfangreichen Funk- und Navigationssausrüstung ausgestattet, zu der Autopilot, Funkkompass und Navigationsanlagen für VOR, ILS und RSBN gehörten. Die kombinierte Trägheits- und Dopplernavigationsanlage ermöglichte Langstreckenflüge auch beim Fehlen bodengebundener Navigationssysteme, allerdings war eine eigenständige Trägheitsnavigationsanlage (Typ I-11) erst mit der Einführung der IL-62M verfügbar.

Für Transatlantikflüge wurde auch bei russischen Betreibern (Aeroflot) mit westlicher Technik (LORAN, später Omega-Navigationsverfahren) navigiert.

Mit der beschriebenen Anlage war das Abfliegen vordefinierter Wegpunkte, ein automatischer Landeanflug bis zu einer Höhe von 30 m, das automatische Durchstarten und Abfliegen von Platzrunden möglich.


Navigationspanel
1985 wurden sämtliche im Dienst befindlichen Il-62 und Il-62M modernisiert. Dazu gehörten der Einbau eines Trägheitsnavigationssystems sowie Modifikationen zur Lärm- und Abgasreduzierung.

Varianten

1971 kam die Version Il-62M heraus, die unter anderem stärkere und sparsamere Triebwerke vom Typ Solowjow D-30 erhielt. Diese Triebwerke waren wirtschaftlicher und boten eine bessere Schubumkehr. Bei nahezu gleicher Rüstmasse stieg die Zuladung um 6 t. Die Maschine erhielt einen Kraftstoffzusatztank im Seitenleitwerk (erhöhte Reichweite), eine überarbeitete und modernisierte Cockpitausrüstung sowie eine modernisierte Kabinenausrüstung mit erstmals verschließbaren Gepäckfächern.

Ende der 1970er-Jahre kam als modernisierte Il-62M die Il-62MK mit einem Rumpf in Halbschalenbauweise, einem geänderten Torsionskasten sowie neugestalteten Holmen und geänderter Tragflächenbeplankung. Neue Spoiler fuhren automatisch bei Belastung des Hauptfahrwerkes aus. Das Hauptfahrwerk wurde aus verbesserten Materialien gefertigt und erhielt neue Niederdruckreifen, eine breitere Spurweite und effektivere Bremsen. Die Kabine, nun für 195 Passagiere ausgelegt, erhielt einen breiteren Mittelgang, der den Einsatz von Verpflegungswagen ermöglichte. Die Nutzlast wurde um 2 t erhöht. Diese Variante wurde nie gebaut, allerdings kamen einige der Verbesserungen (zum Beispiel die verstärkten Tragflächen) bei neueren Il-62M zum Einsatz, die dann inoffiziell als IL-62M(K) bezeichnet wurden.

Technische Daten

Kenngröße Daten der IL-62M
Länge: 53,12 m
Flügelspannweite: 43,20 m
Höhe: 12,30 m
Flügelfläche: 282,2 m²
Leergewicht: 69.400 kg
Max. Startgewicht (MTOW): 165.000 kg
Antrieb: vier Solowjow D-30KU-Triebwerke am Heck mit je 112,8 kN
Höchstgeschwindigkeit: 950 km/h
Reisegeschwindigkeit: 860 km/h
Maximale Flughöhe: 13.000 m
Flugreichweite: 10.000 km
Passagiere: 158–186
Besatzung: 4–5
Am 22. April 1970 traf die erste IL-62, die DM-SEA, mit der Besatzung Pavlenko als verantwortlicher Kapitän und der deutschen Besatzung Flugkapitän Gerhard Friess als 1. Pilot, Flugkapitän Dieter Heeger als 2. Pilot, die Flugingieure Horst Wagner, Roland Tenert sowie Flugnavigator Reiner Scope und Bordfunker Herbert Wittnebel in Berlin-Schönefeld ein.

Dieses datum ist auch der offizielle Gründungstag der IL-62 Staffel. Erster Staffelleiter wurde Flugkapitän Dipl.-Ing. Dieter Heger, sein Stellvertreter für die fliegerische Ausbildung wurde Flugkapitän Siegfried Querner. Als Oberinstrukteure wurde für die Navigatoren Reiner Scope benannt und als Oberinstrukteur für die Flugingenieure wurdeRoland Tenert eingesetzt.

Zwischenfälle bei Interflug

Die Flugzeugkatastrophe von Königs Wusterhausen

Der Absturz einer Il-62 am 14. August 1972 (ca. 30 min nach dem Start auf dem Rückflug nach Berlin-Schönefeld) bei Königs Wusterhausen (heute Bundesland Brandenburg) war zugleich auch das größte Flugzeugunglück auf deutschem Boden. Ausgelöst wurde dieser Absturz durch einen Konstruktionsfehler im Heckladeraum der Maschine. Eine undichte Heißluftleitung in unmittelbarer Nähe der Verkabelung für die Höhenrudertrimmung führte zu einem Kurzschluss mit anschließendem Brand. Bei dem daraus resultierenden Absturz des Flugzeuges wurden alle 156 Menschen an Bord getötet.


Flugzeugunglück am 17. Juni 1989 in Berlin-Schönefeld

Die Maschine mit der Luftfahrzeug-Kennung DDR-SEW (Werksnummer 2850324) war erst ein Jahr alt, als sie am Morgen des 17. Juni 1989, einem Samstag, mit einer schwachen Auslastung gegen 8:15 vom Flughafen Berlin-Schönefeld starten sollte. Ziel des Fluges IF 102 war Moskau. Als die Piloten beim Erreichen der Abhebegeschwindigkeit feststellten, dass das Höhenruder blockiert war, waren sie zum Startabbruch gezwungen. Statt die Triebwerke auf Leerlauf und anschließend die äußeren Triebwerke auf Umkehrschub zu stellen, schaltete der Flugingenieur die Triebwerke versehentlich ab. Dies führte dazu, dass die Maschine nicht mehr auf der Startbahn zum Stehen kam, sondern hinter dem Bahnende mit Hindernissen kollidierte, auseinanderbrach und Feuer fing. 19 Menschen starben bei diesem Unglück.

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