Unsere alte INTERFLUG im Web Historische Betrachtungen zur einstigen DDR-Fluggesellschaft INTERFLUG |
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Autor: Gerd Ritter | 02.03.2017 |
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Spätestens mit der deutschen Vereinigung, die am 03.Oktober 1990 wirksam wurde, entstand faktisch fast über Nacht auch für die damals noch existierende INTERFLUG eine völlig andere Situation am Luftverkehrs-Markt. Nicht zuletzt ging es auch um die Effizienz von Flugverbindungen, insbesondere auf den Flügen mit schwacher Auslastung, wo es auf der anderen Seite aber dennoch für viele Dienstreisende wichtig war, eine hohe Frequenz vorzufinden, also mindestens eine tägliche Verbindung. Zum Einsatz kam eine neu ausgelieferte DHC-8-100 der Tyrolean mit der Registrierung OE-LLI. Horst Materna gibt in seinem Buch „Flughafen Berlin-Schönefeld und das Ende der INTERFLUG 1988-2000“ als Hauptgrund für diesen Schritt die Verschärfung der ICAO Lärmvermeidungsvorschriften an, was ich so nicht ganz nachvollziehen kann. Die TU-134A, und nur um die geht es ja laut Flugplan Ende 1990 noch, gehörte nach ICAO Annex 16, Volume 1, zu den Chapter 2 Flugzeugen. Deren Außerdienststellung war zwar 1990 von der ICAO beschlossen worden, sollte aber erst 1995 schrittweise beginnen. 1972 und 1977 waren bereits höhere Lärm-Standards beschlossen worden, welche vor allem für neue Konstruktionen streng restriktiv waren. Es gab also Ende 1990 noch gar keine neue Situation für INTERFLUG. Die alte TU-134A flog weiterhin viele lärmsensitive Flughäfen an, zum Teil sogar unter Lufthansa Flugnummer und darunter auch Wien, den Flughafen, den er besonders herausstellt. Die Flughäfen Prag, Warschau und Kopenhagen, welche die Dash 8 anflog, waren dagegen bei weitem nicht die neuralgischen Flughäfen hinsichtlich Fluglärm. |
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Das völlig weiße Flugzeug erhielt am Bug den Schriftzug INTERFLUG mit einem vorgesetzten Band mit den deutschen Farben Schwarz-Rot-Gold und am Heck das Logo der Interflug (Bild oben). Das glich sehr dem Livery der drei Interflug Airbus A-310-304. Auch die Besatzungen der Dash 8 wurden von der Tyrolean gestellt. Da es ja damals noch keine Europäischen Lizenzen für Piloten gab, entzieht es sich meiner Kenntnis, ob die Lizenzen der Piloten von der HVZL validiert wurden oder ob die jeweiligen Lizenzen der Piloten damals einfach so hingenommen wurden. Normalerweise prüft die Luftfahrtbehörde, alle relevanten Manuals und Ausbildungsstandards bevor es ausländische Lizenzen validiert, was übrigens auch für den/die Techniker galt. Es handelte sich hier wohl um kanadische Kapitäne und österreichische Kopiloten, wie ich gehört habe. Sicherlich kam das AOC der Tyrolean Airways hier trotz des Einsatzes für die Interflug zur Anwendung. In der Kabine arbeiten nach kurzer Einweisung professionell ausgebildete Stewardessen der INTERFLUG mit langer Erfahrung und guten Englischkenntnissen. Es soll ein tolles Arbeitsklima geherrscht haben. Das Flugzeug wurde entsprechend seiner Konzeption auf Kurzstrecken zweimal täglich nach Prag und täglich nach Kopenhagen und Warschau eingesetzt. Das waren 8 Flüge am Tag und 56 Flüge in der Woche, also maximal 2072 Sitzplätze pro Woche. (Interflug-Flüge in Rot im Flugplan) Materna verkündet weiter in seinem Buch, „....aber der Flugverkehr konnte planmäßig durchgeführt werden, die Dash-8 beförderte noch im November 1.900 Fluggäste“. Wenn diese Zahl stimmt, was man bezweifeln könnte, wäre das ja nur ein durchschnittlicher Sitzladefaktor von etwa 41% gewesen oder die Maschine kam eben doch nicht bereits am Donnerstag, den 15. November 1990 zum Einsatz. Bei nahezu voller Auslastung täglich hätte man dann aber auch spätestens am 24.11. mit dem Betrieb beginnen müssen um auf 1900 PAX zu kommen. |
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Die Rotation der Maschine begann also früh um 7:00 Uhr mit Prag und endete abends 20:50 Uhr erneut mit Prag. Mit einer einzigen Crew war das nicht zu machen. So käme man dann doch auf etwa 8:50 Std. Blockzeit und etwa 11:10 Std. Flugdienstzeit täglich. Es sollen sogar drei Crews in SXF im Einsatz gewesen sein. Wartungsmäßig musste das wohl auch reibungslos laufen. Eine Ersatzmaschine im INTERFLUG-Livery stand ja nicht zur Verfügung. Ob tatsächlich auch mal ersatzweise eine Maschine in Tyrolean Farben zum Einsatz kam oder mal Flüge ausfielen, entzieht sich einer Kenntnis. Auf der anderen Seite ist die Dash 8 ja sehr zuverlässig. Sicherlich war das Leasing der Dash 8-102 auch Anlass dafür, dass der letzte Flugplan (Time Table) der INTERFLUG noch einmal neu gedruckt wurde. Am 30.03.1991 fand ja auch bereits der letzte kommerzielle Flug einer INTERFLUG unter Flugkapitän Dipl.-Ing. Klaus Petzold mit einer TU-134A, der ehemaligen DDR-SCN, nach Wien statt. Bei meinen Recherchen fand ich allerdings nun heraus, dass der letzte Flug unter einer Interflug-Flugnummer erst viel später statt fand. Nach Angaben von Herrn Markus Köchle, einem OPS-Mitarbeiter von Tyrolean, der damals dabei war, fand der letzte Flug der INTERFLUG genau mit dieser Dash 8-102, OE-LLI, erst am 04. Mai 1991 im INTERFLUG-Livery und unter der INTERFLUG-Flugnummer IF0001 von Schönefeld nach Innsbruck statt. Das Flugzeug war an diesem Morgen 07:58 off block und 08:005 airborn (off). An Board befanden sich neben den beiden letzten in Berlin verbliebenen kanadischen Piloten auch zwei Passagiere plus ein Kind, vermutlich technische Mitarbeiter von Tyrolean. Hier die beiden Versionen des letzten Flugplans der INTERFLUG (der rechte lässt sich komplett als pdf downloaden, einfach drauf klicken): |
Während in der ersten Time Table für CPH (IF474/475), PRG (IF250/251 und IF254/255) und WAW (IF284/285) noch ein EQV (Equipment varies) eingetragen ist, wird in der zweiten Ausgabe, die nur noch als „gültig - 30.03.1990“ deklariert wird, dann die Dash 8 als DH8 in der Spalte Aircraft eingetragen. „INTERFLUG – In Deutschland zu Hause“ wird nun besonders weiß unterlegt hervorgehoben. Auf der Rückseite steht noch hoffungsvoll „nächste Ausgabe 31.3.1991“. Ja, die Hoffnng stirbt immer zuletzt. Wer weiß das bessser als wir „Interflieger“. Es gibt bei den letzten Time Tables der INTERFLUG aber noch weitere Besonderheiten. Diese Flugpläne gingen normalerweise immer über die Sommer- und Winter-Flugplanperioden, wie bei allen anderen Airline gewöhnlich auch. Der letzte veröffentlichte Flugplan der IF im alten Format von 165 x 115 x 5 mm für den Sommer 1990 reichte vom 25.3. bis 27.10.1990, also schon in die Zeit nach der Wiedervereiningung hinein. |
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Die INTERFLUG hatte ja mit der AN-24W von 1966 bis 1975 schon einmal auf Kurzstrecken ein zweimotoriges, recht zuverlässiges Turbo-Prop-Flugzeug russischer Bauart im Einsatz, vorwiegend im Inland. Leider hatte sich das aus verschiedenen Gründen ökonomisch gar nicht so recht bewährt. Zwischen der Indienststellung der AN-24W und der Dash 8 liegen allerdings auch 21 Jahre. Das muss man dabei schon in Betracht ziehen. Hinzu kommt die doch etwas andere Philosophie der sowjetischen Konstruktionen, vor allem begründet durch die starke militärische Anbindung und die große Zahl weniger kultivierter Start- und Landeplätze in der damaligen Sowjetunion. Robustheit stand im Pflichtenheft mit ganz vorne. Auch die Metallurgie und die Fertigungstechnologien hatten damals noch reichlich Luft nach oben. |
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Technische Daten DHC-8-100 |
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Alle Angaben sind aber mit Vorsicht zu genießen, da mir ein offizielles Handbuch der OE-LLI nicht zur Verfügung steht. |
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Cockpit einer Dash 8 – Fünf Bildschirme, FMS, klassisches Controlwheel Bildautor: unbekannt |
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Kabinenansicht einer Dash 8 der Ansett Neuseeland (typische 37 Plätze) Foto: Copyright Colin Zuppicich |
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Weitere Einzelheiten, auch zur Entwicklung der DHC-8 Serie und zu De Havilland Canada kann man bequem und ausgiebig bei Wikipedia nachlesen und Bilder gibt es auch bei Airliners.net. Die Dash 8-100 wird seit 2005 von Bombardier nicht mehr als Neuflugzeug angeboten. Ältere Flugzeuge waren aber auch später noch am Markt zu erwerben, z.B. über AMG. Die Probleme, die es mit der späteren Q400 hinsichtlich des Fahrwerkes gab, sind mir seitens der Dash 8-100 nicht bekannt. | |||
Die Safety Card der Dash 8 bei INTERFLUG veranschaulichst gut die Lage der Notausgänge. |
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Notausgänge sind E - Exits und der Einstieg (Treppe) G –Galley, L – Lavatory, W – Wardrobe, A – Klappsitz Cabin Attendant, B – Baggage Luke |
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Die letzte Grafik stammt von der Firma AMG, welche „gebrauchte“ (feiner sagt man in Amerika „pre-owned“) Flugzeuge von Bombardier verkauft, diverse Upgrades anbietet und die ebenfalls die Dash-8-100 mit dem Bindestrich nach Dash schreiben, was falsch ist und sonst auch keiner macht. Das ganze „Dash“ geht soundso auf Boeing zurück, die ihre Boeing 367-80 gemeinhin nur mit Dash 80 („Dash Eighty“) bezeichneten. Die Dash 80 war der Prototyp der späteren erfolgreichen Boeing B-707 (mil. KC-135). Erstflug 15. Juli 1954 (34. Jahrestag der Boeing Company). Die OE-LLI wurde ja dann an Tyrolean Airways zurück gegeben, wo sie wohl ab dem 12.05.1991 auch eingesetzt wurde und erlebte dann noch eine sehr abwechselungsreiche Karriere. „Unsere“ Dash 8-102, s/n 243, bekam im April 1997 bei Augsburg Airways sogar einmal eine deutsche Registrierung, nämlich D-BFRA. Hier eine History von Planspotters.net, welche aber nicht unbedingt in allen Details 100% richtig sein muss. Plainspotter.net freut sich über jede Berichtigung durch die Spotter-Forscher. Operator History |
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